Mein persönlicher Genesungsweg und das Bad Herrenalber Modell (Teil 5)

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Veröffentlicht: 28.08.2022 08:00

Das Ende des Klinikkonzeptes in der Bad Herrenalber Klinik

Pforte

(Teil 5) Auszüge aus meinem Vortrag auf dem Kolloquium des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim am 02.08.2022 über das Behandlungskonzept der Psychosomatischen Klinik Bad Herrenalb - ein Überblick über die Besonderheiten gemeinsam vorgetragen mit Rolf Krause, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie

Wie erlebte ich die Zerstörung des Klinik-Spaces in 2011 während meines Aufenthaltes? Ich bin am 18.10. mit großer Hoffnung und Erwartung im Gepäck in Karlsruhe in die Straßenbahn nach Bad Herrenalb gestiegen.

Ich hatte ein Bild gemalt, eine offene Pforte, die mich in einen „neuen Garten" bringen sollte. Ich hatte noch die Bilder im Kopf, von vor einem Jahr in Bad Herrenalb, wo ich mir mit meinem Freund Martin für drei Tage die Klinik angeschaut hatte. Wir waren auf den Spuren von Jacky Lair da, hatten uns in derselben Pension einquartiert, wie sie 1979, als sie ihr Manuskript von „Von mir aus nennt es Wahnsinn“ fertig stellte. Die Vermieterin zeigte mir ganz stolz noch das Exemplar mit ihrer persönlichen Widmung.

Ich musste kämpfen um nach Bad Herrenalb zu kommen. Die RV Bund hat meine Antrag auf Reha zwar genehmigt, mir aber eine mir unbekannte Klinik zugewiesen. Ich musste Widerspruch einlegen und dieser wurde auch nach 6 Monaten positiv entschieden. So hatte ich also mit viel Kampf mein Ziel erreicht, in die Bad Herrenalber Klinik zu kommen. Ich war voller Hoffnung und Vorfreude. Angekommen erlebte ich da eine merkwürdige Stimmung. Der Chefarzt Dr. Klaus v. Plötz war nicht mehr da. Der Klinikbetreiber Celenus hatte ihn frei gestellt. das Gerücht unter den Patienten ging, er sei von einem Polizisten aus dem Haus eskortiert wurden. Außerdem hieß es, vor 14 Tagen seien 2 “Unternehmensberater” mit grauen Anzügen in die Therapiegruppen gekommen, haben sich nicht vorgestellt, zugehört und mitgeschrieben. Die Patienten seien wegen dieses Verhaltens ziemlich verstört gewesen.

Etwas 2 Wochen nach meiner Ankunft hieß es, der neue Chefarzt würde heute kommen und sich vorstellen. Dr. Schoof kam mit seinem Assistenten im großen Gruppenraum an, stellte sich breitbeinig in die Mitte des Raumes und sprach von den neuen Zeiten die jetzt endlich anbrechen sollten. Ein Patient stellt ihn daraufhin zu Rede, warum er sich vor 4 Wochen ohne sich vorzustellen getarnt als Unternehmensberater einfach in die Therapiegruppen gesetzt habe. Jetzt wisse man ja warum. Aber ob dies die Neue Form der Psychotherapie sei? Eine aufbrausende Welle ging durch die PatientInnen: Tumultartige Zustände. Wir fühlten uns betrogen. Kurze Zeit später begann seine neue Agenda zu wirken. Das erste Opfer seiner “Neuen Therapie” waren die 12 Schritte-Gruppen, die nun nicht mehr wie bisher üblich von Gästen außerhalb der Klinik zugänglich waren.

Zettel an Klinktür 12 Schritte Gruppen

Eine erste und wichtige Säule des Therapiekonzeptes war gefallen. Die anderen Säulen fielen kurze Zeit später. Einen guten Nebeneffekt hatte diese Erlebnis allerdings für mich: ich kam endlich an meine Zeit meines Lebens gedeckelte Wut, konnte sie spüren und ausdrücken. Doch emotionale Arbeit war nun nicht mehr Gegenstand der “Neuen Therapie” in der Klinik.

Oberärzte und Therapeuten kündigen in den nächsten Tagen fristlos, alles war in Tumult und Auflösung. An einen geregelten Therapiebetrieb war unter diesen Umständen nicht mehr zu denken. Ein Gefühl von Auflösung, wie ich es bereits einmal in den letzten Tagen der DDR erlebt hatte, kam mir wieder ins Bewusstsein. Was für mich besonders bemerkenswert war, war der Zerfall der therapeutischen Gemeinschaft, die sich in der von allen Patienten übernommenen Fastenvereinbarung aus drückte. Bereits nach wenigen Tagen saßen einige Patienten zur Mittagszeit gegenüber in der Gastwirtschaft zur Post und genossen ihr Bier. Der liebevolle Zusammenhalt das uns verbindende therapeutisch wirksame energetische Band zerfiel vor meinen Augen. Was für ein Verlust! Das Bad Herrenalber Modell war Geschichte. So habe ich den Untergang der Bad Herrenalber Klinik miterlebt.

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